Der Fall innogy – Und wieder neu sortiert
Zwei Jahre ist es her, da brachte der RWE-Konzern seine Ökostromtochter innogy an die Börse. Das gesetzte Ziel? Nicht weniger als die Zukunft des gesamten Konzerns sichern – professionell vermarktet mit einer knalligen Werbekampagne.
Der Börsengang im Herbst 2016 war spektakulär. Gemessen am reinen Emissionsvolumen war es der größte Börsengang Europas und spülte RWE 2,6 Milliarden Euro auf einen Schlag in die Tasche. Inzwischen ist der Börsenwert von innogy auf 20 Milliarden Euro gestiegen.
24 Monate später ist diese Zukunftsmusik bei RWE schon wieder vorbei, denn letzten Sonntag wurde bekannt, dass RWE und E.ON innogy aufspalten werden. Ein Manager schimpft: „Die Pflanze die vor zwei Jahren gesetzt wurde, wird schon wieder zertrampelt“.
E.ON übernimmt von Innogy das Geschäft mit den Stromnetzen und dem Vertrieb von Strom. Damit versorgt der Konzern 45 Millionen Kunden und rückt europaweit an die Spitze. Zudem kommt, dass E.ON nun 1,5 Millionen Kilometer an Strom- und Gasnetzen betreibt, welche eine stabile und attraktive Rendite abwerfen. E.ON wird zusätzlich noch dezentrale Stromerzeugung anbieten, beispielsweise Solardächer für Großkunden oder Blockheizkraftwerke. Nützlich für E.ON werden unter anderem auch die 4.500 Ladepunkte für Elektroautos von Innogy.
RWE dagegen konzentriert sich wieder auf die Stromproduktion und übernimmt von E.ON das Geschäftsfeld mit Ökostrom, den erneuerbaren Energien und der Gasspeicherung. Dadurch wird, ausgerechnet der Atom- und Kohledino RWE mit einem Schlag zum drittgrößten Grünstromproduzenten Europas. Gleichzeitig beteiligt sich RWE an E.ON mit 17%.
Damit sortiert sich die Deutsche Energiebranche zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit neu. Schließlich hatte Teyssen vergangenen September den Markt überrascht, als er dem finnischen Energiekonzern Fortum sein restliches Paket an Uniper von insgesamt 46,7 % verkaufte.
Was bedeutet diese Energiekonzernwende für die Branche und den Verbraucher?
Die Ökostrombranche beobachtet den Milliardendeal mit Misstrauen: „Mit der Übernahme von innogy durch E.ON entsteht kein Ökostromkonzern“, sagt Wilfried Gillrath, Geschäftsführer des Ökostromanbieters LichtBlick. „Jetzt wird auch die grüne Erzeugung von E.ON und innogy in die Hand von RWE gelegt: Damit entsteht ein Konzern, der auf die Rezepte der alten Energiewelt setzt.“ LichtBlick befürchtet, dass die neue RWE den Wettbewerb verzerre: „Hier entsteht ein Megakonzern mit großer Marktmacht. Das gefährdet den Wettbewerb im Strommarkt und könnte auf Dauer zu höheren Strompreisen für die Verbraucher führen“, sagt Gillrath. Die Fusion müsse das Kartellamt sehr kritisch prüfen. Dessen Zusage steht bisher noch aus, ebenso das Einverständnis der wichtigen RWE-Eigentümer, der Stadtwerke und Kommunen.
„Die Zeit der Energieriesen ist abgelaufen“
Beim Endverbraucher kursieren seit Bekanntgabe viele Gerüchte und widersprüchliche Botschaften von Konkurrenten und Verbraucherschützern. Die Befürchtung, der Verbraucher müsse sich auf höhere Strompreise einstellen, scheint unbegründet, da der Netzzukauf in Deutschland reguliert ist.
Somit ist ein Anstieg der Verbraucherpreise wohl nicht zu erwarten. Zum Sinken des Strompreises trägt diese Neuaufteilung allerdings auch nicht bei. Deutschlands Stromriesen versuchten schon bisher möglichst viel für sich herauszuschlagen.
Das dürfte sich auch künftig nicht ändern – neue Marktstruktur hin oder her.